Stuttgart. „Wenn rund um Stuttgart die Umweltzonen überflüssig geworden sind und auch in der Landeshauptstadt die Grenzwerte wiederholt eingehalten wurden, dann ist es höchste Zeit, dass das Regierungspräsidium dafür sorgt, dass die Fahrverbote auch hier aufgehoben werden.“ Michael Ziegler, Präsident des baden-württembergischen Kraftfahrzeuggewerbes, spricht mit dieser Forderung direkt Winfried Hermann, den Verkehrsminister des Landes an. „Es ist unverständlich, dass ausgerechnet der Stuttgarter Luftreinhalteplan noch nicht überarbeitet worden ist.“
Für das Kraftfahrzeuggewerbe sind „die Fahrverbote aus der Zeit gefallen“ (Ziegler), und zwar nicht nur die in den seit 1. Januar 2024 ehemaligen Umweltzonen in der Region, sondern auch die in Stuttgart selbst. Michael Ziegler bezieht sich dabei auf die in einem Bericht der Stuttgarter Zeitungen genannten Werte: „Dort steht schwarz-auf-weiß, gegenüber dem Jahr 2016 hat sich in Stuttgart beispielsweise an der Messstation Am Neckartor der Wert für die Stickstoffdioxid-Konzentration mehr als halbiert. Auch im Vergleich von 2022 zu 2023 ist der Wert von 37 µg/m³ auf 32 µg/m³ weiter gesunken. An der Messstation Stuttgart Talstraße lag der Jahresmittelwert 2022 bei 35 µg/m³ und 2023 bei 34 µg/m³“, berichteten die Zeitungen am 8. Januar. Winfried Hermann wird im gleichen Artikel zur Frage, warum die Umweltzone und damit die Fahrverbote in Stuttgart nicht aufgehoben werden, mit der Aussage zitiert: Die Maßnahmen zur Schadstoffreduktion könnten erst dann aufgehoben werden, wenn die Werte bei jedem Wetter eingehalten würden.
Für Michael Ziegler eine „nicht nachvollziehbare Argumentation angesichts der Tatsache, dass seit dem 1. Januar 2024 in Heidenheim, Heilbronn, Herrenberg und Leonberg/Hemmingen die Umweltzonen aufgehoben worden sind“. Das Regierungspräsidium Stuttgart bestätigt, dass die Wetter-Einschätzung bei der eigenen Prüfung für Stuttgart eine Rolle gespielt habe: „Eine Aufhebung der Verkehrsverbote kommt erst dann in Betracht, wenn nach Aufhebung der Maßnahme eine erneute Grenzwertüberschreitung mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Hierbei sind unter anderem auch die wetterbedingten Schwankungen der NO2-Jahresmittelwerte zu berücksichtigen. So führen beispielsweise besonders kalte Winter zu erhöhten NO2-Werten. Die Stickstoffdioxid-(NO2)-Messwerte in Stuttgart sind hierfür derzeit noch auf einem zu hohen Niveau.“
Allerdings meldet die Landesanstalt für Umweltschutz (LUBW) „weder für 2023 noch für den bisherigen Januar 2024 Grenzwert-Überschreitungen“, heißt es seitens des Verbandes. Das Regierungspräsidium sagt dazu: „In Stuttgart werden seit 2021 die aktuell geltenden Luftqualitätsgrenzwerte flächendeckend eingehalten.“ Michael Ziegler: „Wir stellen fest, die Grenzwerte für die Fahrverbote werden seit Januar 2021, also seit inzwischen drei Jahren, unterschritten. Das ist eine erfreuliche und vor allem stabile Entwicklung. Es gibt damit keine rechtliche Grundlage mehr für die Aufrechterhaltung der Fahrverbote.“ Die Argumentation mit dem Wetter ist für ihn „an den Haaren herbeigezogen. Auf dieser Basis könnte gar keine Umweltzone aufgehoben werden, denn wer kann schon das Wetter für ein Jahr sicher voraussagen?“ Inmitten der Debatte um Glaubwürdigkeit, mit der sich die Politik beispielsweise nach den Streichungen des Umweltbonus und anderen finanziellen Fördermaßnahmen konfrontiert sieht, fordern wir mehr Verlässlichkeit. Wenn die Grenzwerte eingehalten werden, dann müssen auch die Fahrverbote aufgehoben werden.
Autofahrerinnen und Autofahrer sowie die Automobilbranche hätten alles getan, was möglich gewesen sei, um die Schadstoffwerte zu senken: „Die Flottenerneuerung ist ein wesentlicher Faktor dieses Erfolgs.“ Genau diese sei aber den Autogegnern ein Dorn im Auge: „Die Hoffnung der Autofeinde, dem beliebtesten Mobilitätsmittel der Menschen über die NOx-Diskussion und Fahrverbote den Garaus zu machen, hat sich nicht erfüllt. Die baden-württembergische Verkehrspolitik sollte gar nicht erst den Verdacht aufkommen lassen, jetzt zu versuchen, diese Anti-Auto-Politik durch die Hintertür fortzusetzen. Wir raten Minister Hermann, die Autofahrenden lieber für ihr vorbildliches umweltgerechtes Verhalten zu loben. Damit würde er ein positives Zeichen setzen.“